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Mikroorganismen des Sauerteiges und deren Fermentationsprodukte

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Sauerteig ist nicht nur ein Teig aus Mehl und Wasser, er ist ein von Mikroorganismen fermentiertes Produkt. Die Fermentation von Sauerteigen basiert auf der Milchsäuregärung und der alkoholischen Gärung. Die Mikroflora von Sauerteigen wird vor allem von Milchsäurebakterien und Sauerteighefen geprägt. Durch enzymatischen Abbau der Stärke des Mehles zu Maltose und Glukose steht Substrat zur Verfügung, welches die Milchsäurebakterien verstoffwechseln und Säure bilden. Die Milchsäurebakterien werden bezüglich ihres Stoffwechsels in zwei Gruppen eingeteilt.

Die homofermentativen Milchsäurebakterien verstoffwechseln Maltose und Glukose und bilden Milchsäure. Sie profitieren von warmen und weichen Teigführungen.

Die heterofermentativen Milchsäurebakterien verstoffwechseln ebenfalls Maltose und Glukose und bilden neben Milchsäure zusätzlich noch Essigsäure, Alkohol und Kohlendioxid. Sie profitieren von kühlen und festen Teigführungen.

Weiterhin enthalten Sauerteige in Abhängigkeit der Führungsweise auch verschiedene Sauerteighefen, welche ebenfalls Glukose zu Kohlendioxid und Alkohol verstoffwechseln. Diese tragen vor allem bei der Dreistufenführung zur Lockerung der Backwaren bei.

Für ein ausgewogenes Aroma ist es notwendig, dass Milch- und Essigsäure im Verhältnis von ca. 80/20 im Sauerteig enthalten sind. Durch die unterschiedlichen Teigausbeuten und Temperaturen der einzelnen Sauerteigstufen, werden sowohl die homofermentativen, als auch die heterofermentativen Milchsäurebakterien im Sauerteig gefördert, damit Milchsäure und Essigsäure gebildet wird. Sauerteige mit einem Milch-/Essigsäureverhältnis von 90/10 ergeben Brote mit tendenziell feinerer Porung, schlechterer Frischhaltung, schwächerer Bräunung und einem milderen Geschmack. Eine relativ grobe Porung lässt auf zu hohe Essigsäureanteile schließen. Bei einem Essigsäureanteil von 30 % oder mehr, sind außerdem die Stückgärzeiten verlängert und die Brote haben einen einseitig sauren Geschmack sowie eine leicht ballende Krume.

In ihren Eigenschaften und ihren Auswirkungen unterscheiden sich Milch- und Essigsäure deutlich. Auch wenn die Milchsäure die stärkere Säure ist, hat die Essigsäure einen größeren Einfluss auf die Teig- und Gebäckeigenschaften.

Tabelle 8.4: Einfluss von Milchsäure und Essigsäure auf Teig- und Gebäckeigenschaften

Die Milchsäurebakterien sind in der Lage, durch die von ihnen gebildeten Säure, die Stoffwechseltätigkeit und das Wachstum von unerwünschten Mikroorganismen wie zum Beispiel Essigsäure- und Buttersäurebakterien zu hemmen. Sind die Führungsparameter bei den Sauerteigen so gewählt, dass die Milchsäurebakterien und Hefen gefördert werden, dann setzen sie sich gegenüber den unerwünschten Mikroorganismen durch und es werden Fremdgärungen verhindert. Dies ist dadurch begründet, dass Milchsäurebakterien auch noch bei niedrigen pH-Werten aktiv sind, während die unerwünschten Mikroorganismen ihre Aktivität bereits einstellen. Das Wachstum der Milchsäurebakterien wird aber durch die stetige Säurebildung zunehmend gehemmt. Je mehr der pH-Wert durch die Säurebildung sinkt, umso langsamer werden die Stoffwechselvorgänge der Milchsäurebakterien, sodass die Säurebildung nachlässt und sich nahezu einstellt.

Es werden folgende Ziele mit der Verarbeitung eines Roggensauerteiges verfolgt:

  • Realisierung einer schnittfesten, elastischen Gebäckkrume durch Absenkung des pH-Wertes im Teig
  • Erzielung eines aromatischen Brotgeschmacks durch die gebildeten Sauerteigsäuren und die im Sauerteig gebildeten Aroma- und Geschmacksstoffe  sowie Aromavorläufer
  • Lockerung der Brotkrume durch Kohlendioxid, welches durch die Sauerteighefen und die heterofermentativen Milchsäure bakterien gebildet wird
  • Verlängerung der Brotfrischhaltung durch die Vorverquellung der Mehlinhaltsstoffe und die verbesserte Wasseraufnahme der Pentosane
  • Hemmung von Schimmelbefall und Gebäckkrankheiten, wie das „Fadenziehen“, durch den antimikrobiellen Effekt der gebildeten Essig- und Milchsäure sowie weiterer Stoffwechselprodukte der Sauerteigmikroorganismen