Für die Backfähigkeit von Weizenmahlerzeugnissen ist aus technologischer Sicht die Versäuerung von Weizenmehl nicht erforderlich. Weizensauerteige werden zur Verbesserung von Geruch und Geschmack und zur Erzielung spezifischer Krumeneigenschaften eingesetzt.
Durch den Zusatz von Weizensauerteigen wird der pH-Wert von Gebäcken herabgesetzt und dadurch eine höhere mikrobiologische Stabilität erzielt. Dieser Effekt wird verstärkt, wenn im Weizensauerteig auch Essigsäure gebildet wurde, welche der Bildung von Schimmel oder Fadenziehen entgegenwirkt.
Wie bei den Weizenvorteigen wurden bei den Weizensauerteigen unterschiedliche Führungsarten mit unterschiedlicher Zielsetzung entwickelt. So kann die Erzielung eines besonders kräftigen Aromas und Geschmacks, aber auch die Lockerung der Gebäcke im Fokus stehen.
In Weizensauerteigen wird die Säurebildung gezielt durch die Führungsparameter und den Zusatz von Starterkulturen oder die Vermehrung der mehleigenen Mikroflora (Spontansauerteig) erzielt.
Die Weizensauerteigführungen werden heute überwiegend mit Reinzuchtkulturen, die selektierte Milchsäurebakterien und zum Teil Hefen enthalten, gestartet. Dies begründet sich darin, dass die Gewinnung von Anstellgut aus spontaner Gärung sehr aufwändig und fehleranfällig ist.
Der Säuregrad von Weizensauerteigen liegt meist bei 10 – 15. Die Anwendungsmenge richtet sich nach dem Säuregrad des jeweiligen Weizensauerteiges, dem gewünschten Aroma und Geschmack sowie nach der Gebäckart.
Im Gegensatz zu Weizenvorteigen, die mit bis zu 60 % der Gesamtmehlmenge eingesetzt werden können, sind Weizensauerteige in der Anwendungsmenge limitiert und können z. B. für Sandwichbrot oder Toastbrot nur mit maximal 5 % angewendet werden. Zu hohe Sauerteiganteile verursachen einen kräftigen Brotgeschmack, ein verringertes Gebäckvolumen und eine zu straffe, feste Gebäckkrume. Dadurch ist auch die Menge an vorverquollenem Mehl im Teig limitiert. Um eine optimale Verquellung der Mehlinhaltsstoffe zu erreichen, ist bei den Brotrezepten die zusätzliche Verwendung von milden Weizenvorteigen möglich.
Die Verwendung von hohen Mengen an Weizensauerteig kann zu nachlassenden Teigen und zu deutlichen Volumenverlusten beim Gebäck führen. Dies insbesondere dann, wenn der Weizensauerteig einen hohen Säuregrad erzielt hat.
In Großbackbetrieben wird Weizensauerteig in speziellen Sauerteiganlagen geführt. Mit einer Teigausbeute von 200 – 220 sind die Weizensauerteige pumpfähig und können nach einer Reifezeit von 12 – 16 Stunden im Brotteig verarbeitet werden. Je nach Bedarf ist eine Verarbeitungszeit von ein bis zwei Tagen möglich, hierzu muss der Weizensauerteig jedoch unmittelbar nach der Reifung auf 8 – 12 °C heruntergekühlt werden.
Festere Sauerteige mit Teigausbeuten von ca. 160 sind seltener anzutreffen. Hier ist der Anteil an gebildeter Essigsäure höher als in weichen Weizensauerteigen.
Für den Sauerteigstart muss eine ausreichende Menge aktiver Milchsäurebakterien in Form eines Starters eingebracht werden, um Fremdgärungen durch unerwünschte Mikroorganismen aus dem Mehl oder der Umgebungsluft zu unterdrücken. Nach ausreichender Durchsäuerung des Weizensauerteiges kann dieser als Anstellgut für die nächste Führung/Stufe verwendet werden. Ein Neustart sollte, nach vorheriger gründlicher Reinigung der Behälter, mindestens einmal wöchentlich erfolgen.
Weizenmehle zeigen bei vergleichbarem Mineralstoffgehalt eine ähnliche Säureentwicklung wie Roggenmehle. Der Mineralstoffgehalt des Mehles, die Menge und Qualität des Anstellgutes sowie die Teigausbeute des Weizensauerteiges beeinflussen den Säuregrad und pH-Wert. Zusätzlich haben diese Parameter einen Einfluss auf das Verhältnis von Milch- und Essigsäure. Aufgrund des besseren Pufferungsvermögens führen Weizenvollkornmehle durch ihren höheren Mineralstoffgehalt zu einer verstärkten Säurebildung (siehe Abbildung 9.3).